Heizungsgesetz: Vernünftiger Kompromiss oder Katastrophe für den Klimaschutz
Nach monatelanger hitziger Debatte in der Ampelkoalition konnte vergangene Woche endlich ein Kompromiss beim Heizungsstreit erzielt werden. Doch kann dieser überzeugen? Bereits in der ersten Bundestagsdebatte über das Heizungsgesetz erntete Habeck scharfe Kritik der Opposition. Während CDU und FDP den Kompromiss wegen Ungenauigkeiten und Angstmache kritisieren, ist das Gesetz für viele Klimaschützer*innen eine dramatische Verzögerung für die Wärmewende. Wir geben eine Einschätzung.
Kommunale Wärmeplanung bis 2028 wird bremsend wirken
Die Idee, den Heizungstausch in einer Kommune an die kommunale Wärmeplanung zu koppeln, ist zunächst einmal sinnvoll und einleuchtend. Denn wird in einer Kommune etwa ein Wärme- bzw. Gasnetz geplant, das grüne Wärme liefert, kann es für Eigentümer*innen sinnvoller sein, sich an das Netz anschließen zu lassen, anstatt in eine eigene grüne Heizung zu investieren. Dennoch wird die Frist bis 2028 die Wärmewende deutlich verzögern. Nach der Erstellung der Wärmeplanung können noch Jahre vergehen, bis die Kommunen ihre Planungen annähernd umgesetzt haben. Geht eine Gasheizung aber im nächsten Jahr kaputt und wird durch eine neue ersetzt, wird schlimmstenfalls Jahrzehnte weiter fossiles Gas verbrannt. Der Einbau einer Wärmepumpe hingegen bedeutet einen sofortigen Beitrag zum Klimaschutz.
Mit der neuen H2-ready-Gasheizung droht die Kostenfalle
Eine weitere schlechte Nachricht fürs Klima ist die vielfach weiterhin erlaubte Neuanschaffung von Gasheizungen, die H2-ready sind. Was Technologieoffenheit signalisieren soll, kann sich künftig zur gefährlichen Kostenfalle für Hausbesitzer*innen entwickeln. Zwar ist die Gasheizung günstig in der Anschaffung, langfristig werden die Preise für fossiles Gas jedoch deutlich steigen. Und auch der anvisierte Betrieb der Gasheizung mit Wasserstoff wird nicht billig sein, denn schon bei der Erzeugung von Wasserstoff aus grünem Strom geht viel Energie verloren. Die Nutzung von Wasserstoff führt zu weiteren Energieverlusten. Wärmepumpen, die erneuerbar erzeugten Strom ohne Verluste nutzen können, werden daher deutlich günstigere Wärme liefern. Bereits heute sind effiziente Wärmepumpen vielfach günstiger als die klassische Gasheizung.
Hinzu kommt: die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff ist noch viel zu gering. Und auch die nötige Infrastruktur existiert noch nicht, denn unsere bestehenden Gasnetze sind nicht auf Erdgasgemische mit hohen Wasserstoffanteilen ausgelegt. Schließlich ist auch der Betrieb von Gasheizungen mit Wasserstoff noch wenig erprobt. Heutige H2-ready-Gasheizungen lassen meist nur eine Beimischung von 20 bis 30 % Wasserstoff zu. Wer sich eine solche Heizung anschafft, heizt selbst bei Verfügbarkeit von Wasserstoff die nächsten 20 Jahre größtenteils fossil.
Heizen mit Biomasse kann zu Flächenfraß führen
Letztlich kann auch die Regel, dass Biomasse bzw. Pelletheizungen, die die 65-Prozent-Regel ausnahmslos erfüllen, durchaus kritisch gesehen werden. Zwar sind Holz und Biomasse nachwachsende Rohstoffe, allerdings verlieren wir schon heute deutlich mehr Wald, als nachwächst. Für eine deutlich ausgeweitete Biomasseproduktion reichen die verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen nicht. Mehr Biomasseheizungen bedeuten daher nicht selten Eingriffe in intakte Ökosysteme.
Fazit: Angezogene Handbremse statt Turbo für die Wärmewende
Der erzielte Heizungskompromiss ist daher alles ander als ein Meilenstein für mehr Klimaschutz in Deutschland. Vielmehr wird der Klimawandel durch die nun zulässige Installation von neuen Gasheizungen sogar weiter angeheizt. Für Hauseigentümer*innen kann sich die angepriesene Technologieoffenheit mitunter schnell zu einer Kostenfalle entwickeln, denn oftmals fällt es Endkund*innen schwer, die Kosten und Potenziale einer Heiztechnologie vorausschauend zu beurteilen. Wer echten Klimaschutz möchte, sollte beim Defekt der alten fossilen Heizung schon heute auf eine Wärmepumpe umsteigen. Die Technologie ist erprobt und Netzstrom zum Betrieb der Geräte ist bereits heute etwa zur Hälfte erneuerbar. Wer die Wärmepumpe mit einer Photovoltaikanlage kombiniert oder Ökostrom bezieht, kann die Klimafreundlichkeit weiter steigern.