Die 5 größten Photovoltaik-Mythen & was dahinter steckt
Photovoltaik ist neben der Windenergie die zentrale Technologie zur Bewältigung der Energiewende. Obwohl die Bundesregierung den Ausbau der Solarenergie vorantreiben möchte, gibt es noch immer Skepsis. Wir untersuchen die 5 verbreitetsten Mythen über Photovoltaik und schauen, was wirklich dahintersteckt.
Mythos 1: Solarstrom ist viel zu teuer
Noch immer ist die Überzeugung verbreitet, Solarstromerzeugung ist teuer und lohnt sich daher nicht. Das stimmt so jedoch längst nicht mehr. Zwischen 2010 und 2020 sind die Preise für Solarmodule um 90 % gesunken. Das spiegelt sich auch in den Preisen für vollständige Anlagen wider. Hier sind die Kosten seit 2006 um 75 % gefallen. Große Photovoltaikanlagen können daher aktuell Solarstrom für 3 bis 6 Cent produzieren. Bei kleinen Dachanlagen liegen die Kosten aktuell bei ca. 10 Cent pro Kilowattstunde.¹
Damit ist Solarstrom sowohl an der Börse als auch im Privatkundensegment konkurrenzfähig. 2021 kostet 1 kWh Kilowattstunde am Spotmarkt im Schnitt 9,7 Cent. 2022 lagen die Preise an der Strombörse sogar deutlich höher und erreichten teilweise sogar Werte über 40 Cent. Damit kann Strom aus einem Solarpark mit Produktionskosten von 3 bis 6 Cent problemlos konkurrieren. Auch private Besitzer*innen einer Solaranlage sparen erheblich. Bei Strompreisen von 42 Cent ergibt sich pro selbst genutzte Kilowattstunde Solarstrom vom eigenen Dach eine Ersparnis von mehr als 30 Cent.
Mythos 2: Solarstrom gibt es nur, wenn die Sonne scheint, daher kann keine stabile Versorgung gewährleistet werden
Zunächst einmal: Damit eine Photovoltaikanlage Strom produziert, ist kein direkter Sonnenschein nötig. Es reicht auch schon diffuse Sonneneinstrahlung, wie sie bei einer bewölkten Wetterlage auftritt. Lediglich nach Sonnenuntergang sinkt die Solarstromproduktion auf 0.
Richtig ist aber: Die Solarstromproduktion hängt von der Sonneneinstrahlung ab und schwankt daher stark. Da sich das Wetter ständig ändert, sind genaue Ertragsprognosen nur schwer möglich. Für die Energiewende ist das eine Herausforderung, aber kein Genickbruch. Zahlreiche Studien belegen 100 % Erneuerbare Energien sind auch mit der Volatilität von Solar- und Windenergie in Deutschland möglich.² Hierzu bedarf es jedoch eines konsequenten Netzausbaus, den Ausbau von Speicherkapazität und die Kombination verschiedener Technologien. Da Windenergieanlagen tendenziell im Winter mehr Strom produzieren, sind sie somit eine gute Ergänzung zur Photovoltaik, die im Sommer Spitzenleistungen erzielt.
Für private Hausbesitzer*innen lässt sich die schwankende Stromerzeugung einer Solaranlage durch einen eigenen Stromspeicher kompensieren. Dieser speichert die tagsüber erzeugte Solarenergie für die Abend- und Morgenstunden zwischen. So ist eine überwiegende Versorgung mit Solarstrom unkompliziert möglich.
Mythos 3: Die Herstellung von Photovoltaikmodulen zerstört die Umweltbilanz einer Photovoltaikanlage
Richtig ist: Photovoltaikmodule werden in Fabriken produziert, die nicht zu 100 % erneuerbar sind. Aus diesem Grund verursacht die Herstellung eines Solarmoduls CO2. Da ein überwiegender Anteil der Module aus China kommt und dort viele Kohlekraftwerke im Einsatz sind, liegen die Emissionen aktuell bei etwa 50 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Im Verhältnis zu anderen Energiequellen ist das jedoch noch äußerst gering. Zum Vergleich: eine Kilowattstunde Strom aus einem Steinkohlekraftwerk setzt 830 Gramm C02 frei.
Künftig werden die Emissionen vermutlich sogar noch weiter sinken, weil die Produktion der Module zunehmend grüner wird.
Ein weiterer verbreiteter Photovoltaik-Mythos ist, dass die Herstellung der Photovoltaikanlage mehr Energie benötigt, als diese später produzieren kann. Dies ist schlichtweg falsch. Die sogenannte Energy-Payback-Time von Photovoltaik-Dachanlagen beträgt 2021 nach einer Studie des Fraunhofer Instituts in Europa nur noch 0,44 bis 1,4 Jahre.³ Da Photovoltaikanlagen aber 25-30 Jahre in Betrieb sind, erzeugen sie um ein Vielfaches mehr Energie als die Produktion der Solarzellen erfordert.
Mythos 4: Photovoltaikanlagen gefährden den Artenschutz
Vielfach sorgen sich Bürger*innen in Zusammenhang mit Photovoltaik um den Artenschutz, wenn auch in einem deutlich geringerem Ausmaß als bei der Windenergie. Grundsätzlich gilt: Photovoltaikanlagen können überhaupt nur dann Arten und Biodiversität gefährden, wenn sie auf Grünflächen bzw. in der Freifläche installiert werden. Viele Photovoltaikanlagen werden jedoch auf Dächern oder Fassaden installiert. Auch besteht hier noch ein erhebliches, ungenutztes Solarpotenzial. EUPD Research fand heraus: 89 % der Dachfläche, die sich für Solar eignet, ist noch ungenutzt.⁴
Bei Photovoltaikanlagen auf Freiflächen muss die Lage genauer bewertet werden. Eine Studie bei landwirtschaftlichen Flächen ergab hier: Eine Photovoltaikanlage, die auf einer ehemaligen intensiv genutzten Agrarfläche installiert wird, steigert die Artenvielfalt sogar, da die Fläche nicht mehr gedüngt wird und sich wieder mehr Wildpflanzen ansiedeln. Durch gezieltes Säen von Wildpflanzen kann die Biodiversität außerdem weiter gesteigert werden. Auch in ökologisch besonders wertvollen Mooren kann Photovoltaik von Nutzen sein, denn hier verhindert eine Photovoltaikanlage durch ihren verschattenden Effekt Austrocknung.⁵
Trotzdem gilt: Wer eine Photovoltaikanlage auf einer Grünfläche installiert, sollte die Auswirkungen auf Natur- und Artenschutz prüfen? Verhindert die Umzäunung ggf. Tierwanderungen? Werden wertvolle Habitate zerstört? Doch auch bei ausreichender Berücksichtigung dieser Kriterien steht fest: Deutschland hat noch reichlich ungenutzte Flächen und Dächer für neue Photovoltaikanlagen.
Mythos 5: Photovoltaikmodule können nicht recycelt werden
Noch gibt es nur wenige ausrangierte Photovoltaikmodule, da ein Modul eine Lebensdauer von 25-30 Jahre hat und es vor 30 Jahren erst sehr wenige Photovoltaikanlagen gab. Künftig wird das Thema jedoch zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die gute Nachricht: Photovoltaikmodule können recycelt werden. Sind die ausrangierten Module noch funktionsfähig, können sie zunächst in Secondhand nochmals genutzt werden. Nach Ende der Lebenszeit der Module lassen sich die eingesetzten Materialien dann zu fast 95 % recyceln.
Schon 2010 wurde mit PV-Cycle ein Recyclingsystem für PV-Module entwickelt. PV-Cycle kümmert sich um die Rücknahme und das Recycling von Modulen verschiedenster Hersteller. Seit 2012 sind Produzenten von Solarmodulen durch die WEEE-Richtlinie (Waste of Electrical and Electronic Equipment) außerdem per Gesetz dazu verpflichtet, ausrangierte Module zurückzunehmen und zu entsorgen. Auch das ElektroG schreibt seit 2015 vor, dass PV-Module als Großgeräte einer Rücknahme- und Finanzierungspflicht unterliegen, wobei mindestens 80 % der Rohstoffe im Modul wiederverwertbar sein müssen. Wichtig ist jedoch der Ausbau der Recyclingkapazitäten, damit die zunehmende Menge an ausrangierten Modulen bewältigt werden kann.
¹https://www.ise.fraunhofer.de/de/veroeffentlichungen/studien/aktuelle-fakten-zur-photovoltaik-in-deutschland.html ²https://www.energywatchgroup.org/wp-content/uploads/EWG_Studie_2021_100EE-fuer-Deutschland-bis-2030.pdf https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/studie-100-erneuerbare-energien-fuer-strom-und-waerme-in-deutschland.pdf ³https://www.pv-magazine.de/2021/07/28/fraunhofer-ise-energetische-amortisationszeit-fuer-photovoltaik-dachanlagen-liegt-weltweit-zwischen-044-und-142-jahren/ ⁴https://www.solarserver.de/2021/04/08/photovoltaik-potenzial-in-deutschland-89-prozent-auf-hausdaechern-noch-ungenutzt/
⁵Solarparks – Gewinne für die Biodiversität, Studie des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne) e.V., November 2019